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Falsche Fingernägel und Polizeischule

Aktualisiert: 29. Nov. 2021


Eine attraktive Frau, Anfang zwanzig, modisch gekleidet und auf der Suche. Durch Lebensumstände kreuzten sich unsere Wege, doch ausserhalb meiner Praxis. Im Leben. Draussen. Im Gespräch mit ihr, fiel sofort auf, dass was sie sagte und was sie ausstrahlte nicht deckungsgleich war.

Obwohl der erste, kurze Blick ein einladendes Bild ergab, so fielen mir die künstlichen Nägel, verlängerten Wimpern, Extension und sehr, sehr viel Make-up aus. Sie gab sich allerhand Mühe, optisch top auszusehen. Auf Selfies tat sie das sicherlich, auch wenn sie von sich sagte, dass sie keine Fotos von sich mochte. Und genau das vermutete ich auch bei ihr.

Zwar für die Aussenwelt zurecht gemacht, so fand sie sich innerlich nicht schön…


Auf meine Frage, was sie für die Zukunft wünschte, war ihre Antwort

«Ich will Polizistin werden!».

Das erstaunte mich, denn nachdem ich erkannte, mit wieviel Energie sie mit Make-up und Push-up BH ihre Unsicherheit versuchte zu kaschieren, bohrte ich nach: «Warum möchtest du diesen harten Beruf wählen?! Es ist eine anstrengende, lange Ausbildungszeit, weg von deiner Familie und deinem Umfeld. Ein Männerdominierter Beruf in dem man unschöne Dinge und Menschen sieht. Und man muss dies schützen, selbst die Bösen.»

«Naja, ich will straight sein!».


Ich legte meine Stirn in Falten. Viele Falten.

«Bist du selbstsicher?!» fragte ich sie.

«Mmh… wohl eher weniger.» gab sie zu.

«Naja, würdest du deine Sicherheit und dein Leben einem Menschen anvertrauen, der nicht Mals ich selbst traut?!»

«Ich will lernen Selbstsicher zu sein!» Okay, die Grundidee war nicht schlecht.

Doch den Weg den sie womöglich wählen wollte, war in meinen Augen ein Pfad der Enttäuschung.

Ich selbst war 14 Monate im Militär. Nichts spektakuläres, doch lehrte ich da rasch meine psychischen und physischen Grenzen kennen. Und das junge Fräulein vor mir, schien unsicherer als ich damals zu sein.


«Nun, du musst dich in einigen Dingen Weiterbilden, nicht nur in Selbstbewusstsein. In Deutsch, Rechtschreibung, Geographie, Menschenkenntnis, Gesetz und vieles weitere… Für den Anfang kann ich dir tolle Bücher über Persönlichkeitsentwicklung empfehlen.»

«Lesen ist nicht so meins» gab sie zur Antwort, was mich wenig wunderste, da sie ihr übergrosses Handy an der bekannten «Hundeleine» und en Hals bambeln hatte.

«Okay, dann kannst du ja online kostenlose Videos über Persönlichkeitsentwicklung schauen. Meditationen machen um dich mehr einzumitten. Im Web gibt es bestimmt auch tolle Inputs zum Weg einer Polizistin.» «Ach, das klingt super… Aber was ist Persönlichkeits-Dingsda? Und warum soll ich meditieren? Da schlaf ich ja ohnehin ein…».


Nachdem ich ihr meine Erfahrungen mit Meditation erzählte und erklärte was Persönlichkeitsentwicklung in meinen Augen bedeutete, leuchteten ihre Augen auf «Ich will auch so sein wie du!»

Naja, das war weder mein Ziel, noch wäre es in Wahrheit ihres.


Ich sandte ihr ein, zwei Videotipps auf ihr geliebtes Mobilphone, doch bezweifle ich, dass sie diese gesehen geschweige denn den Wert, den Content dieser Speechs verstanden hat. Nicht weil sie dumm wäre, das sicherlich nicht. Doch ihr Blickwinkel war wohl ein anderer.


Oft wenn Menschen in meine Praxis kommen, haben sie ein Thema, ein sexuelles Problem. Darunter liegen jedoch ganz andere Gründe und Hindernisse. Darum bin ich nicht nur Erotik-Coach, sondern auch Life-Coach.

Nachdem Klienten ihr sexuelles Thema in Zusammenarbeit mit mir lösen konnten, buchen sie immer öfters auch Lebens-Coachings, weil sie entdeckt haben, dass ein Trainer ihnen zwar das Thema nicht abnimmt, aber sie daran erinnert wohin sie wollen und was ihr Warum ist.


Auch ich bin aus beruflichen Gründen bei einem Sexologischen Körpertherapeuten. Begann auszumisten, zu beleuchten und zu verstehen. Daneben habe ich seit Jahren einen Mental-Coach, ohne dessen Begleitung und Braintrust Gruppe ich nicht da wäre wo ich heute bin.

Natürlich ist auch das private Umfeld wichtig.

Doch hat man mit Freunden und Familie oft andere Gespräche, als mit einem Coach.


Früher dachte ich, wenn mir ein Coach sagte, dass er selbst bei einem Trainer ist «ach wie abgelutscht dieser Berufstitel doch ist! Und warum soll ich einem Menschen trauen, der selbst Hilfe benötigt?! Doch alsbald sah ich das anders: Heute verstehe ich, warum auch Top-Caches immer einen Trainer haben. Einen Mentor oder einen Leuchtturm. Wer selbst durch den Pfad stampfte, den man begehen will, kann besser führen. Aber erst, nachdem die grössten Hürden des Trainers selbst überwunden und verarbeitet sind. So begleite ich Menschen, die an ähnlichen Themen nagen wie ich, jedoch bin ich in der Entwicklung weiter, da auch meine Coaches weiter sind. Wie eine Kette die dem Glied hinter sich, mit sich in die gewünschte Richtung zieht.


Es freut mich, dass die Menschen die zu mir kommen, mir Intimes, Wichtiges, ja manchmal gar unausgesprochenes anvertrauen. ZU sehen, wie sie sich von Termin zu Termin entwickeln. Dann weiss ich immer wieder, warum ich diesen verspotteten Berufstitel gewählt habe. Ich bin ein Mensch, der andere unterstützt, aber nicht erklärt, was sie zu tun haben. Die Entscheidung und Verantwortung soll, ja muss, immer beim Coachee bleiben. Nur dann ist er auch gewillt, sich wirklich weiter zu entwickeln und aus der Vergangenheit und den Coachingsessions zu reflektieren und zu lernen.

Würde ich ihm die Verantwortung abnehmen, wäre der Lerneffekt massiv geringer. Auch bei mir als Choachee, wenn ich Klient bin, ist das dasselbe.

Und genau wie meine Klienten, will man gerne rasch einen Deckel drauf machen und an einem anderen Ort weiter machen… Doch mein Trainer pfeift mich zurück, hält die Taschenlampe länger hin, bis ich bereit bin, mir meine dunkelsten Ecken anzusehen und daran zu arbeiten. Er zwing mich nicht, aber er sorgt dafür, dass ich nicht davon haste, jedoch immer sicher bleibe. Kann man das von seinem Umfeld erwarten?! Freunde und Familie wollen schützen, haben aber keinen objektive perspektive. Und genau die benötigt es oft.



Ob die junge Frau die Polizeischule beworben hat, bezweifle ich. Doch wünsche ich ihr von Herzen, dass sie zu einem Coach geht und ihren eigenen Weg zu mehr Selbstvertrauen und Erfüllung findet. Im Leben wie auch in ihrer Sexualität.

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